Dieser kleine TV-Beitrag über Kompromisse – politische, partnerschaftliche und individuelle verdient m.E. Beachtung, weil er sich einem komplexen Thema widmet. Zum einen wird im Film deutlich, dass das Wort an sich unterschiedliche Emotionen und Resonanzen in einem Menschen auslösen kann. Dann spiegelt sich darin eine Haltung und sicherlich auch eigene Erfahrung mit Kompromissen wider. Zum anderen werden in den Straßeninterviews auch die Unterschiede in der begrifflichen Deutung sichtbar.
Wenn ein Kompromiss der bloße beidseitige Verzicht auf die eigene Überzeugung vom Richtigen ist, ist die Chance ziemlich groß, dass am Ende keiner wirklich zufrieden ist. Im Beitrag wohl am ehesten in der Kirchturm-Geschichte zu erkennen. Eine Crux ist eine Übereinkunft zu finden, die zu gleichen Teilen all jene zufrieden stellt, die sonst wenig bis kein bewusstes gemeinsames Interesse haben. Der Konflikt gewinnt dann gerne einen Selbstzweck, entwickelt Eigendynamik und kann somit stellvertretend für eine andere Form des Kontakts stehen.
Motive und Interessen am runden Tisch
Ein anderer Haken ist zu versuchen, eine gleichzeitige Übereinkunft zu finden. Die Chance auf die Entzerrung der Positionen über die Zeitachse, ein verabredetes Nacheinander, ist eine simple Möglichkeit, die vielfach erfolgreich ist, intuitiv oft funktioniert, manchmal auch gnadenlos scheitert, weil genau das zu fehlen scheint: Zeit – und wie so oft ist es eine Frage des (sofortigen) Lohnes und des (kurzfristigen) Preises.
Und wenn es gelingt ein Nacheinander festzulegen, besteht die Tücke zu vergessen, wie der Ursprung des Deals war, um sich dann im Status Quo einzulullen, und indem ursprüngliche Handlungsmotive klein geredet werden. Auch könnte es sein, dass die Motive sich über die Zeit verändert haben und die Situation jetzt eine andere ist, als noch zu Beginn des Kompromisses. Argumente fangen dann häufig mit „eigentlich“ an… Dann wäre ein guter Zeitpunkt, den Deal mit den zwischenzeitlichen Erfahrungen neu zu verhandeln.
Apropos Motive und Interessen: Gelingt es diese zu erkennen und mit an den Verhandlungstisch zu holen, sind sie neben Ängsten und Erfahrungen wertvolle Begleiter und Ratgeber auf der Suche nach einer neuen, dritten Option. Sie kann bedeutsamer sein als die Annäherung von zwei einzelnen Standpunkten es sein könnte.
Verhandlungen mit dem Inneren Team
Das Thema ist komplex und weil es das ist, erscheint es mühsam, sich mit Motiven, Interessen und Zielen gründlich zu befassen, Alltag eben und Routine. Gut so. Und dann gibt es doch diese Situationen, die wir nicht täglich haben, wo es natürlicherweise keine Routinen gibt.
In solchen Momenten und Gefühlslagen kann das gleiche Werkzeug, das mit zweiten und dritten Personen wesentlich ist für Verhandlungen, Einigungen und Kompromisse, auch auf individueller Ebene seinen Nutzen finden. Innerpsychische Ambivalenzen, die gefühlte Unvereinbarkeit von gleichzeitigen Wünschen und Bedürfnissen, das Gefühl, trotz vielen Nachdenkens nicht zu einem tragbaren Ergebnis zu kommen etc., könnten Ausdruck unklarer und unbewusster Positionen von Mitgliedern des eigenen inneres Teams sein.
Im Dialog mit den verschiedenen Persönlichkeitsanteilen und wird klarer, wie die Interessen der einzelnen „Teammitglieder“ verteilt sind, wer da überhaupt was zu sagen hat und wer gehört wird. Und in der Vielfältigkeit treten eigene Ressourcen zur Lösung zu Tage. In der praktischen Anwendung, etwa wenn es darum geht Entscheidungen zu treffen, den eigene Lebensweg zu planen oder mit Veränderungsängsten umzugehen, ist die Methode des Inneren Teams etwas, was eher leicht und spielerisch anmutet und dennoch das Selbstvertrauen stärkt und die Potenziale sichtbar macht. Termine für Innere Team-Gespräche gibt’s im Lösungsraum. Logisch 🙂